Kaffeeklatsch auf Arabisch
von Janina Müller (Kommentare: 0)
Donnerstag, 9 Uhr: Sobald die Tür des gemeinnützigen Vereins lighthouse Würzburg e. V. in der Zellerau geöffnet wird, strömen Mütter mit ihren Kleinkindern in den Eingangsbereich. Mit viel Getöse kommen zwei Jungs die Treppe hochgestürmt und rennen direkt
Wenig später betritt auch ihre Mutter den Raum und steuert genauso zielgerichtet auf ihre Freundinnen zu. Küsschen links, rechts, dann fröhliches Geschnatter auf Arabisch. Auch Deutsch, Türkisch und Russisch sind zu hören; eine internationale Klangkulisse. Schwungvoll wird eine algerische Leckerei auf den Tisch gestellt. „Das ist mit Grieß und Honig für viel Energie“, erklärt die Frau mit Kopftuch strahlend und setzt sich zu den anderen Frauen. Während sich immer mehr Kinder mit Bauklötzen, Puppen und Autos vergnügen, trinken ihre Mütter Tee und Kaffee, unterhalten sich und freuen sich über die eine oder andere Sachspende.
Nachdem ich Duplohäuser bewundert und Kaffe nachgekocht habe, setze ich mich zu dem Grüppchen syrischer und türkischer Frauen und trinke einen Kaffee mit ihnen. Manchmal füllen wir gemeinsam Dokumente aus, schreiben Briefe an die Behörden oder üben deutsche Vokabeln. Obwohl viele der Frauen schon länger als zwei Jahre in Deutschland sind, fallen ihnen die Sprache und die Anpassung an das deutsche Umfeld oft schwer. Die Gewissheit, auch in einem anderen Land mit den kleinen und großen Hürden des Alltags nicht allein zu sein, gibt den Frauen Kraft und Mut. Als ich Delal* aus Syrien frage, wer alles zu ihrer Familie gehört, macht sie eine ausladende Bewegung und sagt: „Alles Familie.“ Wir alle müssen lachen und Aische* ergänzt, dass „hier alle wie Schwestern sind“ und dass sie genau deshalb so gerne zum Müttertreff kommt.
Aische* wurde zwar in Würzburg geboren, lebte und arbeitete aber einen Großteil ihres Lebens in der Türkei. Sie pendelte öfters zwischen Deutschland und der Türkei umher, doch mit der Geburt ihrer Tochter blieb die diplomierte Elektrikerin dann in Würzburg. Die Stadt gefällt ihr, denn Würzburg sei eine schöne, romantische und überschaubare Stadt. Auch wenn sie sich hier sehr wohl fühlt, ist das Leben als alleinerziehende Mutter aus dem Ausland nicht immer einfach. „Ich will gerne arbeiten“, erzählt sie, „Nicht nur wegen Geld, sondern weil es Freude bringt!“ Es fällt ihr schwer, sich zu entwickeln, weil sie nicht einfach in einen Beruf einsteigen und arbeiten kann. Es braucht viele Behördengänge, bestenfalls das Sprachniveau C1, Ausdauer und Geduld.
Auch andere Frauen aus dem Müttertreff würden gerne mehr tun, als sich um die Kinder zu kümmern und von den Behörden abhängig zu sein. „Ich habe Philosophie studiert, ich möchte wieder an einer Universität lehren“, erzählt eine der Mütter, „aber ich denke, vor allem mein Kopftuch ist da ein Problem.“ Viele der Frauen nicken, denn auch sie haben schon Ablehnung erlebt, weil sie Ausländer sind. „Ich hasse Flüchtling sein, aber was kann ich machen?“, sagt Esma*, die aus Aleppo geflüchtet ist und jetzt mit ihrer kleinen Tochter, ihrem Bruder und ihrer Mutter in einer Zwei-Zimmer-Wohnung lebt.
Was ich an den Müttern bewundere ist, dass sie trotz aller Schwierigkeiten fröhlich sind und ihr neues Zuhause Würzburg schätzen. „Es gibt auch sehr nette Leute und ich liebe den Main, die Natur und die alten Kirchen“, erzählt Fatima* auf Arabisch, während ihre Tochter übersetzt. Das Wichtigste sei jedoch der Frieden, der hier in Deutschland herrscht. Die Syrerin wünscht sich, dass der Krieg in ihrem Heimatland endlich aufhört. Ob das nun in Deutschland oder Syrien geschieht; ihre Kinder sollen eine gute Zukunft haben. Diesen Wunsch höre ich immer wieder: Die Kinder sollen ein gutes und glückliches Leben führen können und einen Beruf ausführen, der sie erfüllt. Egal ob algerisch, türkisch, russisch, syrisch oder deutsch; das ist etwas, das alle Mütter vom Müttertreff verbindet.
Ich finde es toll, wie sich die Mitarbeiter vom lighthhouse Würzburg e.V. für diese Frauen einsetzen und auch immer wieder Hilfe von außenstehenden Menschen kommt. Wir Würzburger können stolz auf diese vielseitige Stadt sein, in der jeder dazu beitragen kann, dass sich Zugezogene aus aller Welt wohlfühlen. Das beginnt schon mit einer Tasse Kaffee und einem offenen Ohr.
*Name geändert
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